Veranstaltungen

Der Bremer Arbeitskreis Psychosoziale Krise (AK PSK) freut sich, zwei Ver­anstaltungen mit Referentinnen anbieten zu können, die beide zum Themen­komplex „NS-Erziehung“ und den Folgen auf ihre Weise Basisarbeit geleistet haben. Sigrid Chamberlain, Frankfurt /M., war im pädagogischen Bereich tätig und ist Autorin; Anja Röhl, Berlin, ist Autorin und
Journalistin.

Do. 07.12.2017 19 Uhr | Kukoon, Buntentorsteinweg 29, Bremen

Sigrid Chamberlain: Adolf Hitler, die deutsche Mutter und ihr erstes Kind

Adolf Hitler forderte bereits in »Mein Kampf«, daß schon in der »frühesten Kindheit … die notwendige Stählung für das spätere Leben« zu erfolgen habe. Durch gründliche Ausbildung der Mütter müsse es möglich sein, »in den ersten Jahren des Kindes eine Behandlung herbeizuführen, die zur vorzüglichen Grundlage für die spätere
Entwicklung dient.«

Mit dieser »späteren Entwicklung« ist vor allem das nahtlose Sich-Ein­fügen in die Ideologie und die Institutionen des NS-Staates gemeint. Darum geht es ausdrücklich auch der Ärztin Johanna Haarer, deren Bücher »Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind« und »Unsere
kleinen Kinder« in vielen Familien während des Dritten Reiches und in den Jahren danach zur Richtschnur für den Umgang mit Babys und Kleinkindern wurden.

Nationalsozialistische Erziehung, basierend auf den sehr genauen Anweis­ungen von Haarer, war vor allem eine Er­ziehung durch Bindungs­losig­keit zur Beziehungs­unfähig­keit. Es liegt auf der Hand, dass nur der an keinerlei Werte und Moral, an kein Gewissen und an
keinen Menschen gebundene faschistische Typus auch jederzeit für jeden
Zweck und jedes Ziel einsetzbar war.

Es ist an der Zeit, sich auch mit diesem Erbe des National­sozialismus aus­ein­an­der­zusetzen, mit der Tatsache nämlich, dass der Großteil der im Dritten Reich und in den Nachkriegs­jahren Geborenen ins Leben ent­lassen wurde mit frühen national­sozialis­tischen Prägungen, ohne sich jemals dieser Tatsache und ihrer möglichen Folgen bewusst gewor­den zu sein.

Sigrid Chamberlain hat das destruktive Werk der Johanna Haarer bis in die Details untersucht und in ihrem Buch zum Thema anschaulich die katastrophalen Folgen für diejenigen offengelegt, die dieser Erziehungspraxis ausgesetzt waren. Die Veranstaltung ist eine Zusammenfassung ihrer wichtigsten Erkenntnisse.

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Fr. 08.12.2017 19 Uhr | Kukoon, Buntentorsteinweg 29, Bremen

Anja Röhl: Schatten der Vergangenheit: Kriegs­traumata, Nazi-Erziehung & wir

Die Prinzipien der Nazi-Erziehung sind eindrücklich beschrieben worden,
zuerst von Erika Mann (bereits 1938, auf deutsch übersetzt erst in den 1980er Jahren), dann von Sigrid Chamberlain, später von Sabine Bode und anderen Autorinnen. Die Erkenntnis, dass nämlich die Wirkung der Nazi-Erziehung auf die betreffende Generation Kinder und Jugendlicher über­aus schädlich war, insbesondere mit der späteren Ver­mischung dieser Grundlagen mit den Kriegstraumata und den Nachkriegserfahrungen,
das alles kommt erst allmählich ins öffentliche Bewusstsein.

Die betreffenden Generationen bestimmten zwischen 1949 und 1989 in beiden deutschen Staaten Gesellschaft und Politik entscheidend, denn haupt­säch­lich prägten sie diese Zeit und drückten ihr ihren Stempel auf. Wie hier die Nazi-Erziehung wirkte, wie sie verdrängt, verborgen gehalten, unterdrückt, aber unzweifelhaft wirksam war und auf welche Weise, das ist Inhalt der wissenschaftlichen Untersuchungen und Vorträge von Anja Röhl. Die NS-Erziehung konnte weitere Generationen hindurch wirksam werden wie ein schleichendes Gift, und beeinflusst unsere Auffassung vom Kind und unsere Pädagogik bis heute.